In Österreich werden immer mehr Kinder mit dem Auto in die Schule gebracht. Dies führt vor vielen Schulen und Kindergärten zu einem Verkehrschaos.
Viertel nach Sieben bis halb acht Uhr. Rund um Österreichs Schulen, auch in Ried im Innkreis, bewegen sich wahre Blechlawinen. Es wird eng und ungemütlich: Fahrzeuge halten gleichzeitig in zweiter Spur, auch auf der Gegenfahrbahn, hektisch schlängeln sich Schülerinnen und Schüler in wahren Abgaswolken zwischen den Autos durch und versuchen, nicht unter die Räder zu kommen.
Besetzt mit einem Elternteil und einem Kind blockieren die Fahrzeuge die Straßen, bis sich ebendieses Kind auf den Schulweg macht. Dieser ist dann zehn Meter weit.
Dieses Chaos-Spiel wiederholt sich natürlich um die Mittagszeit, wenn der Schulunterricht vorbei ist.
Viele Eltern argumentieren die Notwendigkeit der Autofahrt mit Sagern wie: „Wir können doch unser Kind nicht irgendwo aussteigen lassen“, „Ich habe keine Zeit, mit meinem Kind in die Schule zu gehen“, „Öffentlich dauert das viel zu lange“, usw.
Die Folgen dieser Handlungen sind mehrschichtig. Zuallererst sei hier die kindliche Entwicklung genannt. Der zu Fuß zurückgelegte Schulweg ist ein wertvoller und aufregender Erfahrungsraum für Abenteuer und soziale Kontakte, die unsere Kinder heutzutage leider nur mehr aus Klassikern wie „Die Kinder von Bullerbü“ von Astrid Lindgren kennen. Nicht umsonst erlernen wir zwei Drittel unserer Fähigkeiten außerhalb von Bildungseinrichtungen. Beim Marsch zur Schule bzw. am Heimweg tauscht man sich mit den Schulkolleg/-innen aus, beobachtet man Schmetterlinge oder sammelt Kastanien und erlebt unmittelbar Natur in der Abfolge der Jahreszeiten. Wind, Regen, Sonne, Schnee nicht nur vom Autofenster aus zu sehen, führt zu Bewusstseinsbildung von Kindesbeinen an.
Im Rahmen der Diskussion um die tägliche Turnstunde sei kurz darauf hingewiesen, dass allein durch einen zu Fuß oder per Rad zurückgelegten Schulweg viele der Effekte, die man durch diese Aktion erreichen will, bereits einfach und kostenlos abgedeckt sind.
Zum anderen führt das wenig vorbildhafte Verhalten der Elterntaxis zu Stau und Stress vor Schulbeginn und nach Schulende.
Vor allem auf kommunalpolitischer Eben stellt sich die Politik die Frage, wie mit diesem Problem aus verkehrstechnischer Sicht umzugehen ist.
Im Rahmen dieser Überlegungen sind einige Lösungsansätze vorhanden:
Der erste setzt bei den Eltern selbst an und sollte eine Selbstverständlichkeit sein: Das Üben des Weges zur Schule, einhergehend mit der Erklärung der Regeln im öffentlichen Verkehrsraum.
Zweitens, das Einführen von Schulstraßen. In Bozen gibt es diese seit mehr als zwanzig Jahren und die Anzahl der auf dem Schulweg verletzten Kinder ist seitdem um die Hälfte gesunken. In diese Richtung wird auch in Österreich gedacht. So gibt es in Wien und Salzburg Pilotversuche, die dieses Konzept übertragen wollen. Gesperrt wird hierbei die Straße vor der betroffenen Schule in einem Zeitraum von einer halben Stunde vor Schulbeginn bzw. nach Schulende.
Drittens, sogenannte „Kiss & Go“- Zonen in Schulnähe, die durch eine Verordnung mit Verkehrszeichen und Bodenmarkierung gekennzeichnet sind.
Viertens, eine vorausschauende Verkehrsplanung in den Gemeinden und Städten mit einer Priori-tätssetzung auf sichere Geh- und Radwege. Denn nach bestandener Radprüfung können Kinder ab dem 10. Lebensjahr mit dem Fahrrad zur Schule fahren.
Fünftens, Bewusstseinsbildung, wie z.B. der Pedibus. Hier gehen Kinder in Begleitung von älteren Schülerinnen und Schülern oder Erwachsenen gemeinsam zu Fuß zur Schule.
Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auf die Link-Tipps.
Der Projektbericht Lernwelt Schulweg beschäftigt sich eingehend mit der Kreativität im Zusammenhang mit Schulwegen.
Der VCÖ-Link Sicherer Schulweg gibt einen kurzen Überblick zum Thema.
Das Land Vorarlberg, der Landesschulrat für Vorarlberg, die Stadt Bregenz, Sicheres Vorarlberg und das Mobilitätsmanagement plan b startete 2017/2018 mit einem Projekt für einen sicheren Schulweg. Auf der Homepage finden sich einige interessante Tipps zum Thema.
Link-Tipps:
Projektbericht: Lernwelt Schulweg Projektbericht; Rudolf Egger & Sandra Hummel
VCÖ: Sicherer Schulweg
Verkehrserziehung Vorarlberg: Verkehrserziehung Vorarlberg