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Ausbildung statt Abschiebung

Nach wie vor dauern Asylverfahren in Österreich viel zu lange – ich kenne viele Betroffene, die bereits zweieinhalb Jahre, teilweise sogar mehr als drei Jahre im Verfahren sind. Für diese Asylwerber herrscht derzeit weitgehendes Beschäftigungsverbot. Das zerstört vielfach die Tagesstruktur, verringert mitgebrachte Qualifikationen, macht die Betroffenen nicht fit für den Arbeitsmarkt, sondern schwächt sie. Österreich macht damit zum Schaden von Integration und Wirtschaft einen schweren Fehler.

Ausbildung statt Abschiebung
Petition: https://www.openpetition.eu/at/petition/online/ausbildung-statt-abschiebung

Rechtlich zulässige Arbeitsmöglichkeiten in dieser langen Wartezeit waren bislang lediglich die eher theoretische Selbständigkeit, die immer stärker verringerten Saisonnierarbeitsplätze und als weitaus wichtigste Möglichkeit der Zugang zur Lehre für Asylwerber/innen unter 25 Jahren in Mangelberufen.
Sowohl für betroffene Wirtschaft als auch für die Asylwerber/innen ist dies eine besonders wichtige Perspektive. Denn vielfach fehlen Lehrlinge – alleine in Oberösterreich aktuell 4.635 – manche Betriebe stehen sogar vor existenziellen Problemen aufgrund dieser Krise. Andererseits ist die Lehrstelle die beste Integrationschance für Betroffene: Sprachkenntnisse weiter verbessern, eine Lebensperspektive durch eine Ausbildung erhalten, Freunde gewinnen und schrittweise in unsere Gesellschaft wachsen. Der Zugang zur Lehre ist daher ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft und der Integration – steht also im elementaren Interesse unserer Gesellschaft.
Aufgrund der drohenden Abschiebung hunderter Lehrlinge, die in der ersten Instanz bereits einen negativen Bescheid erhalten haben, wurde von mir die Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“ gegründet, die mittlerweile von 63.000 Bürger/innen, 106 Gemeinden mit 2,7 Millionen Einwohner/innen, vielen Prominenten von Hermann Maier bis zu den Chefs von Porr, Spar und Rewe und bereits mehr als 1.000 Unternehmen unterstützt wird.

Die Bundesregierung hat reagiert – aber ideologisch motiviert – völlig falsch:
• die Zusage, dass keine Abschiebungen von Lehrlingen erfolgen, wurde mittlerweile gebrochen
• per Erlass des Sozialministeriums wurde am 12.September 2018 der Zugang zur Lehrstelle für diese Personengruppe generell gestoppt
Viele Rechtsexpert/innen unterstützen nun meine Ansicht, dass dieses Versperren des Zugangs zur Lehre europarechtswidrig ist – zumindest bei einem Teil der Betroffenen. Denn die Aufnahmerichtlinie der EU legt seit 2013 fest, dass ab einer Verfahrensdauer von 9 Monaten in erster Instanz den betroffenen Asylwerber/innen ein „effektiver Arbeitsmarktzugang“ ermöglicht werden muss. Für 99 Prozent der Betroffenen ist das nicht mehr der Fall.
Auch der Leiter des Instituts für Europarecht an der Universität Linz, Prof Franz Leidenmühler bestätigt in einem Rechtsgutachten diese Einschätzung:“ „Nach Art 15 Abs 1 der RL 2013/33 haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge, zu tragen, dass Asylwerber/innen spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Diese Bestimmung ist so hinreichend konkret und unbedingt, dass sie nach den Kriterien der Judikatur des EuGH die Voraussetzungen für ihre unmittelbare Anwendbarkeit erfüllt, wie jüngst auch vom BVWG festgestellt wurde. Damit ist von den österreichischen Behörden und Gerichten diese Bestimmung vorrangig vor entgegenstehendem innerstaatlichen Recht und entgegenstehenden Erlässen (wie z.B. auch jenem vom 12. September 2018, mit dem die Bundesregierung den Zugang junger Asylwerber/innen zur Lehre verbaut hat) anzuwenden und der Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren.““
Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in einem konkreten Urteil bereits die direkte Umsetzung der Aufnahmerichtlinie begründet.

Es gibt nun also nur zwei Möglichkeiten, um im Interesse des Wirtschaftsstandortes, der Integration und europarechtskonform zu handeln:
• die Bundesregierung öffnet den Zugang zur Lehre wieder und unterbindet durch einfach machbare rechtliche Maßnahmen – wie etwa die Übernahme der deutschen 2plus3-Regelung – Abschiebungen während der Ausbildung oder
• die Unternehmen müssen bei jeder Verweigerung der Anerkennung eines Lehrvertrages im Sinne der Aufnahmerichtlinie klagen. Mit sehr guten Erfolgschancen.

Ich appelliere an die Bundesregierung, im Sinne aller Betroffenen europarechtskonform zu handeln, den Zugang zur Lehre wieder zu öffnen und Abschiebungen während der Ausbildung zu verhindern – und Österreich damit eine Lawine neuer Rechtsauseinandersetzungen zu ersparen. Und dafür werden wir unseren Druck weiter laufend verstärken: www.ausbildung-statt-abschiebung.at

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