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PFOA und PFOS – „Ja mei“

PFOA und PFOS – „Ja mei“

Kämpft man also in Burghausen seit Jahren mit mäßigem Erfolg gegen Nitrat im Wasser, so plagen ganz andere Stoffe nicht nur mehrere Nachbargemeinden von Burghausen, sondern ganze Regionen in Ostbayern: PFOA und PFOS, PerFluorOctanSäure und PerFluorOctanSulfonSäure.

PFOA. „Chemie im Blut“ titelt das Zeit ONLINE Magazin am 25.01.2018 und diese Reportage befasst sich mit „Vorkommnissen, die Behörden in der Regel kategorisch ausschließen“, nämlich mit der Tatsache, dass das örtliche Trinkwasser über Jahre mit der Chemikalie PFOA verunreinigt wurde. PFOA wird in der kunststoffproduzierenden Industrie verwendet – u. a. zur Herstellung von Teflon-Pfannen – und ist ab 2020 in der EU verboten. Doch bis 2008 wurde PFOA im nahegelegenen Chemiepark Gendorf (Gemeinde Burgkirchen an der Alz) eingesetzt und von dort gelangte der Stoff über den Fluss Alz und den Feinstaub in der Luft in den Boden, dann ins Grundwasser, ins Trinkwasser und schließlich ins Blut der Einwohner, die sich nun fragen: „Kann man davon Krebs bekommen? Schadet die Chemikalie im Körper der Gesundheit? Sollen Mütter ihre Babies noch stillen?“
Das erste Mal hatten 2006 Umweltschützer von Greenpeace erhöhte PFOA-Werte im Wasser der Alz gemessen und vor verseuchtem Trinkwasser gewarnt, doch viele Bürger störte das nicht. Der Chemiepark ist bis heute ein wichtiger Arbeitgeber der Region. „Viele akzeptieren die Situation als Preis des Wohlstands“, wird eine Betroffene zitiert, die fast resignierend meint: “Und vielen ist das Ganze einfach zu kompliziert. Das ist diese bayerische Ja-mei-Mentalität.“

PFOA und PFOS – „Ja mei“
Bild: Chemiepark Gendorf in Burgkirchen an der Alz

Es steht auch der Vorwurf im Raum, die Behörden hätten das ganze Ausmaß vertuscht und wollten die Ergebnisse unter den Teppich kehren. Dies behauptet jedenfalls Holger Lundt vom Bund Naturschutz, denn noch im Oktober 2016 hätte das Gesundheitsamt Altötting gemeint, das PFOA im Blut käme überwiegend durch Funktionskleidung oder Teflon-Pfannen zustande und nur zu einem ganz kleinen Teil vom Trinkwasser.
Doch mittlerweile wird gehandelt. Der Betreiber des Chemieparks, die Infraserv GmbH, übernimmt die Kosten für die Aktivkohlefilter in den Brunnen in der Höhe von mehreren Millionen Euro. Man habe auch eine jahrelange Bodenstudie finanziert und demnach wird der PFOA-Wert im Boden um Altötting weiter steigen, bis 2050. Naturschützer Lundt: „Das Thema wird noch unsere Enkelkinder beschäftigen!“
Dass die Situation im Landkreis Altötting ernst ist, weiß auch Gunter Strebel, Stadtrat der Grünen in Burghausen. Im Inn-Salzach Kurier vom 09.07. 2015 meint er: „Das Problem sind zu kleine Schutzgebiete. Grundwasserschutz sollte flächendeckend sein, denn was nutzt es, wenn sich die Stadt Burghausen um den Grundwasserschutz kümmert, von außen aber die Belastung hereindrängt?“ Und er beklagt auch die vermehrte Nutzung des Grundwassers für industrielle Zwecke.
Und was ist PFOS?
„Die Chemikalie PFOS wird bei der Imprägnierung von Kleidung und Teppichen verwendet und ist für Säugetiere giftig“, berichtet der Bayerische Rundfunk BR24 am 05.04.2018 und gibt bekannt, dass laut Bayerischem Umweltministerium in der Oberpfalz und in Niederbayern vielerorts Messergebnisse über dem sogenannten „Leitwert“ liegen. Auch einige Flüsse seien erheblich belastet, namentlich die Altmühl, die Naab, die Donau, die Isar und der Inn. „Ja mei …“

Wolfgang Pirker