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Stadtmarketing001

Was tun, wenn die Waschmaschine kaputt ist?
Erfolgsrezept der Stadtentwicklung Freyung.

Nicht nur Ried im Innkreis leidet unter der Innenstadtverödung, auch andere Städte kämpfen mit diesem Problem. Herkömmliche Stadtmarketingkonzepte bringen oft nicht den gewünschten Effekt. Die Politik ist ratlos und zieht sich immer mehr zurück. Nicht so in der bayrischen 7300-Seelen-Stadt Freyung, rund 30 km nördlich von Passau. Dort wandelte sich die hoch verschuldete Abgangsgemeinde in wenigen Jahren zu einem Vorzeigeprojekt in Sachen Stadtentwicklung. Moderator der ganzen Erfolgsstory: Dr. Olaf Heinrich, seines Zeichens „Bürgermeister“, aber ohne die bekannten politischen Selbstdarstellungsallüren.

Wenn Heinrich von der Entwicklung in Freyung spricht, dann scheinen Probleme nicht in endlosen unergiebigen Debatten und politischen Machtkämpfen zu enden, sondern in sachlich-konstruktiven Gesprächen mit allen Parteien und Bürgern. Logisch folgerichtige Entscheidungen werden getroffen und umgesetzt. Dauerten Gemeinderatssitzungen früher 6 Sunden und länger, sind diese heute auf 3 Stunden begrenzt. Wird das Zeitlimit um nur 1 Stunde überschritten, werden die Sitzungsgelder gekürzt, was in den letzten Jahren nur einmal vorkam. Wer aus irgendeiner der 7 Parteien im Stadtrat einen Vorschlag einbringt, bekommt das „Patentrecht auf Ideen“. Das heißt die Garantie, dass, wenn eine Umsetzung erfolgt, die Vorschlagpartei die Lorbeeren – auch Jahre später – erntet. Wenn eine große Umgehungsstraße gebaut werden soll, um die 11.000 Fahrzeuge pro Tag durch die Stadt zu verringern, dann geschieht das mittels Bürgerentscheid. Die dafür notwendigen 34 Grundstücksablösen gelangen ohne einen einzigen Prozessstreit. Wenn das zentrale Gasthausgebäude gleich neben der Kirche nach jahrelangem Leerstand reaktiviert werden soll, dann entwickelt die Stadt ein Nutzungskonzept und verkauft dieses Konzept an den von der Stadt dafür gefundenen Investor. Wenn die in der Stadt angesiedelte Brauerei vor dem finanziellen Ruin steht, investieren rund 200 Freyunger je 5.000 Euro und stellen einen ehemaligen Versicherungsvorstand als Geschäftsführer auf 450 Euro-Basis ein. Der Rentner mit geringfügigem Nebeneinkommen schafft den Turnaround und entwickelte „Lang Bräu“ zu einer kostendeckenden Qualitätsbrauerei. Wenn die komplette Trinkwasserversorgung der Stadt auf einen Schlag nicht mehr gewährleistet ist, die Wiederherstellung 4 Millionen Euro beträgt, dann schreibt der Bürgermeister einen Brief an die Freyunger und vergleicht den Sachverhalt folgendermaßen: Wenn bei Ihnen die Waschmaschine kaputt ist und Sie vor der Alternative Sofortzahlung oder Ratenzahlung stehen, die Ratenzahlung rund X-Prozent mehr kostet, was machen Sie? Die Bürger und Unternehmen von Freyung entschieden sich für die Barzahlung und überwiesen den gesamten Millionenbetrag unmittelbar an die Stadtkasse.

Statt der üblichen Fragen präsentierte Stadt-Manager Olaf Heinrich bei einer Veranstaltung des Wirtschaftsbundes in der Rieder Raiffeisenbank viele nützliche Antworten.

Franz Xaver Schamal
Aurolzmünster
Mail: fx.schamal@gmx.de